Gewerkschaft schlägt Alarm: Betriebe in Leipzig haben Personal überwacht

Die Gewerkschaft FAU kritisiert arbeitsrechtliche Fehltritte in der Leipziger Gastronomie. Schwere Vorwürfe erhebt sie insbesondere gegen zwei Betriebe: unzulässige Kameraüberwachung und zurückgehaltene Zahlungen. Damit hat sie auch schon vor Gericht Erfolg gehabt.

„Eklatante Bedingungen“: Die Gewerkschaft Freie Arbeiterinnen und Arbeiter Union (FAU) kritisiert schlechte Arbeitszustände in der Leipziger Gastronomie. Konkret geht es um Fälle, bei denen einzelne Mitarbeiter geschädigt worden sein sollen.

Die Vorwürfe richten sich gegen zwei Leipziger Betriebe. Die Sportsbar Micks Pub soll Personal mit Kameras überwacht sowie Löhne und Urlaubszahlungen zurückgehalten haben. Bei der Firma Effekt, einem Franchisenehmer von Dominos Pizza Deutschland, habe es ebenfalls unzulässige Kameraüberwachungen und offene Forderungen gegeben. Es ist nicht das erste Mal, dass es solche Anschuldigungen gegen das Unternehmen gibt.

Kameraüberwachung in Leipziger Restaurants

„Die Effekt GmbH beschäftigt uns seit 2021“, sagt FAU-Sprecher Aaron Konopatzki. „Die Vorwürfe sind nicht neu, aber sie werden jetzt erstmals vor Gericht behandelt“, ordnet er ein. Er selbst habe in der Vergangenheit bei Dominos gearbeitet – „wie viele bei der FAU“.

Grundsätzlich dürfen Gastronominnen und Gastronomen in den Betriebsräumen Überwachungskameras einsetzen. Beispielsweise in Kassenbereichen. Stefan Niklarz vom Hotel- und Gaststättenverband Dehoga erklärt: „Im Normalfall wird das nur in Bereichen gemacht, die nicht die Privatsphäre beeinträchtigen, wie zum Beispiel Umkleiden.“

Es gebe durchaus ein berechtigtes Interesse an den Videoaufnahmen, welches mit dem Recht auf Privatsphäre abgewogen werden müsse. „In letzter Zeit gibt es viele Einbrüche mit hohen Schäden. Häufig haben die Betreiber einfach deshalb etwas installiert: zur Aufklärung und Abschreckung“, so Niklarz. Dann müssen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über die Aufzeichnung informiert werden. Keinesfalls dürfte das Personal aber in Bereichen der Privatsphäre überwacht werden.

Vorwürfe gegen Dominos-Franchise vor Leipziger Gericht

Die Causa mit der Firma Effekt beschäftigt nun das Arbeitsgericht Leipzig. „Es gab ein Vergleichsangebot, das haben wir aber abgelehnt“, berichtet Konopatzki. Ein Termin vor der Kammer stehe noch aus. „Der größere Teil der geforderten Summe bezieht sich hier auf Urlaubszahlungen. Es wird aber auch Schadensersatz für die Kameraüberwachung verlangt.“

Die Kameras waren in nicht relevanten Bereichen installiert, also statt Eingangs- und Kassenbereich dort, wo sich die Mitarbeitenden aufhalten, erzählt er. Nicht nur Video, auch Ton sei aufgezeichnet worden: „Wir haben ein Video, auf dem hört man die Lüftung.“ Die Verstöße sollen sich in den Jahren 2022 und 2023 ereignet haben. Gegenüber der LVZ beziehen sowohl Effekt als auch die Franchisekette Dominos Pizza Deutschland dazu keine Stellung.

Urteil gegen Micks Pub liegt schon vor

Die Firma Frandor, Betreiber von Micks Pub, äußert sich auf Anfrage dieser Zeitung ebenfalls nicht zu den Vorwürfen. Damit setzt sie ihr Schweigen fort: „Seit 2020 reagiert sie nicht auf Kontaktversuche“, berichtet der FAU-Sprecher. Frandor habe auch vor Gericht geschwiegen, weil kein Vertreter zur Verhandlung erschienen sei.

In der Sache Micks Pub erging am 14. November 2023 zugunsten der Klägerin ein Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Leipzig, das der LVZ vorliegt. Bei Versäumnisurteilen wird die Klage nur auf Schlüssigkeit geprüft, das heißt, es bezieht sich lediglich auf die vom Kläger vorgetragenen Details. Der Pub muss demnach 2000 Euro Schadensersatz für die unzulässige Kameraüberwachung zahlen. Dazu kommen etwa 4500 Euro für fehlenden Lohn und Urlaubsabgeltung.

Das Geld ist laut FAU bislang nicht an die klagende ehemalige Kellnerin ausgezahlt worden. „Die Sache liegt jetzt beim Gerichtsvollzieher“, berichtet Konopatzki. „Rechtlich ist das aber nicht mehr streitig.“

Viele vulnerable Beschäftigte in der Gastronomiebranche

„Es gibt keine Branche, in der wir so viele Konflikte haben, in der so viele Menschen, die studieren oder eine Ausbildung machen, auf Minijobbasis arbeiten.“ Personal in der Gastronomie sei häufig besonders vulnerabel (verletzlich, angreifbar). In einer aktuellen Social-Media-Kampagne bemüht sich die FAU um Aufklärung und rechtliche Einordnung. Höhepunkt soll am 13. April, 14 Uhr, eine Kundgebung am Waldplatz sein. „Quasi vor Micks Pub“, sagt Aaron Konopatzki.

„Es zeigt sich immer wieder, dass viele Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen in der Gastro sich nicht an geltendes Arbeitsrecht halten“, zitiert die FAU in einer Mitteilung ein betroffenes Mitglied. „Mit den Angestellten wird komplett willkürlich umgegangen! Daher ist es wichtig, dass alle Angestellten Informationen darüber erhalten, wie man sich wehren kann.“

Dehoga-Sprecher Stefan Niklarz hält sich bei solchen Aussagen über die ganze Branche zurück. „Mir ist wichtig, dass es keinen Generalverdacht gibt. Viele Unternehmen wollen das Beste für ihre Mitarbeiter“, betont er.


20.06.2021

Fahrraddemo beim Pizza-Service Domino’s: Wut über Kündigung

Ein Lieferfahrer von Domino’s Pizza setzt sich für besseren Arbeitsschutz ein – und wird deshalb entlassen. So sehen es die Organisatoren einer Fahrraddemo durch den Leipziger Süden.

Die Kündigung eines Lieferfahrers sei nur ein Kritikpunkt, sagte Max Fuchs. „Aber der hat das Fass bei Domino’s Pizza zum Überlaufen gebracht.“ Organisiert von der Basisgewerkschaft Freiarbeiter/-innen Union (FAU), deren Sprecher Fuchs ist, radelten deshalb am Samstag rund 150 Demonstranten durch den Leipziger Süden.

Auf dem Wiedebachplatz in Connewitz gab es eine kleine Kundgebung. „Wir fordern, dass die Kündigung sofort zurückgenommen wird“, sagte eine der Teilnehmerinnen. Die Willkür des Arbeitgebers mache sie wütend. Auch FAU-Sprecher Fuchs ist sauer auf den Pizzaservice. „Der Fahrer ist seit Jahren bei Domino’s fest angestellt und gilt als zweitschnellster Auslieferer.“ Die Gründe für die Kündigung sind seiner Meinung nach in einer Unterschriftensammlung zu suchen.

Kuriere forderten Corona-Schnelltest vom Unternehmen

Obwohl die Kuriere jeden Tag mit Kunden im Kontakt stehen, würde das Unternehmen keine Corona-Schnelltests vorhalten, erläuterte Fuchs. Genau das hätten die Beschäftigten aber eingefordert und eine Unterschriftenaktion initiiert. „Fast alle aus der Filiale des Gekündigten haben unterschrieben. Einen Tag, nachdem die Geschäftsleitung von der Liste erfahren hatte, erfolgte die Kündigung.“

Bei der Effekt GmbH in Leipzig, die Franchisenehmer bei Domino’s Pizza ist, war niemand zu erreichen. Auch Domino’s reagierte auf LVZ-Nachfrage nicht.

„Uns hat die Effekt GmbH mitgeteilt, dass man die Kündigung aus betriebsbedingten Gründen ausgesprochen habe. Mit der Liste stehe das Vorgehen nicht in Zusammenhang. Eine Farce“, sagte FAU-Mann Fuchs. Die nach eigenen Angaben anarchistische Gewerkschaft hatte bereits vor wenigen Tagen gegen die Effekt GmbH mobil gemacht, weil eine Mitarbeiterin nicht ordentlich entlohnt worden war.

Lieferdienste stehen häufig in der Kritik

„Auch das ist kein Einzelfall“, so Fuchs weiter. „Lohn wird nicht gezahlt und Urlaub nicht gewährt – mit der haarsträubenden Begründung, dass Mini- und auch Midi-Jobbern kein Urlaub zustehe.“ Man werde in den nächsten Tage weitere Aktionen organisieren, um die Rücknahme der Kündigung zu erreichen.

Auch bei anderen Lieferdiensten seien die Arbeitsbedingungen prekär, hieß es bei der Gewerkschaft Nahrung – Genuss – Gaststätten (NGG) in Leipzig. „Allerdings formiert sich gerade in jüngster Zeit vermehrt Widerstand“, sagte NGG-Funktionär Jörg Most. Als Beispiele nannte er die wochenlangen Proteste gegen Kündigungen beim Getränkelieferanten Durstexpress in Leipzig und die andauernden Streiks von Fahrern beim Berliner Lebensmittel-Lieferdienst Gorillas, die bundesweit Beachtung fanden. Laut Medien werden die Proteste von der Gruppe „Gorillas Workers Collective“ organisiert, die mit der Gewerkschaft NGG und der anarchistischen Gewerkschaft FAU kooperiert. Dem Unternehmen werden unzureichende Bezahlung, unnötige Strenge und unberechtigte Kündigungen vorgeworfen.

Von Andreas Dunte


Mark Daniel 17.03.2024

Leipziger Wirt über Steuerbetrug in der Gastronomie: „Viele machen das“

Steuerhinterziehungen nehmen zu – auch in der Gastronomie. Zwar liegen dafür keine Zahlen vor, doch mit zunehmender finanzieller Belastung wächst auch die Versuchung. Ein Insider berichtet.

2019 sorgte die Nachricht für Aufsehen: Star-Koch und -Gastronom Alfons Schuhbeck wurde der Steuerhinterziehung überführt. Ein prominenter Name für ein Vergehen, das weit verbreitet ist. Auch für Leipzig kennt ein Wirt Beispiele.

„Leider nur Barzahlung möglich.“ Solch ein Hinweis in Café, Bistro oder Restaurant muss nicht, aber kann ein Indiz für Kassenbetrug sein. „Ich kenne mehrere Betriebe, die dadurch Einnahmen am Fiskus vorbeischieben“, sagt ein Leipziger Gastronom, der seit vielen Jahren in der Branche tätig ist.

Rechnung landet nicht im Kassensystem

Manche Wirtinnen und Wirte würden zwar Rechnungen schreiben, diese jedoch nicht ins Kassensystem tippen. Denn das ist quasi das Gedächtnis für Umsätze, das Finanzprüfer abrufen können. Eigentlich sollte die 2020 eingeführte Bonpflicht Steuererziehung stoppen: Wird bei jedem Kauf ein Kassenzettel erzeugt, werden die Umsätze auf der eingebauten „Technischen Sicherheitseinrichtung“ (TSE) gespeichert. Eine Vorschrift, die viele als bürokratische Gängelei kritisierten.

Handgeschriebene Rechnungen sind ein Mittel, um das zu umgehen. Und manche Scheine landen in einer separaten Kasse. Laut Insider gibt es in der Branche auch kuriose Methoden: Ein Wirt aus einem anderen Bundesland soll sich aus Asien eine Fake-Kasse bestellt haben. „Dort konnte man einen Bon und auch das Logo des Lokals programmieren, aber die Rechnungen landeten nicht im TSE.“ Irgendwann jedoch sei das aufgeflogen. Wie drastisch die behördlichen und juristischen Konsequenzen ausfielen, weiß der Szene-Kenner nicht.

Ein Bon an Festival-Ständen?

Auch jenseits solcher Sondermaschen sei Steuerbetrug für jeden im Alltag leicht auszumachen. „Viele machen das. Man muss sich nur bei Bier- oder Imbissständen auf Stadtfesten oder Festivals umsehen – steht etwa bei jedem ein Kassensystem, bekommt man als Kunde einen Bon?“

Nach Einschätzung des Gastronomen unterteilen sich die Steuersünder in zwei Lager. „Die einen wollen dem Staat, der aus ihrer Sicht zu viel einkassiert, ein Schnippchen schlagen, die anderen machen es aus Existenzangst.“ Die Rückkehr zur 19-Prozent-Mehrwertsteuer im Januar, Inflation, gestiegene Waren- und Transportkosten, höherer Mindestlohn – das schmerze jeden Unternehmer und könne den Fortbestand des Betriebs gefährden. Dadurch würde die Zahl der Betrüge steigen.

„Nicht unter Generalverdacht stellen“

Stefan Niklarz, Regionalleiter des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga, warnt davor, die Gastronomie in Sachen Steuer-Vergehen als auffällig zu interpretieren und unter Generalverdacht zu stellen. „Das Phänomen gibt es in vielen Branchen“, sagt er. „Leider passiert es und wird weiter passieren. Über die Mitglieder unseres Verbandes hinaus bin ich allerdings davon überzeugt, dass die große Mehrheit im Gastrobereich keinem unlauteren Wettbewerb nachgeht.“ Kunden könnten immer die Frage nach einem Beleg oder einer Quittung von sich aus stellen.

Und Niklarz betont: „Hinter der Umstellung von Bar- auf Kartenzahlung steckt in den allermeisten Fällen eine Kostenfrage: Für den Gastronomen fallen Service-Gebühren beim Anbieter der Lesegeräte an, und die wurden gerade wieder erhöht.“

Der Staat kontrolliert

Was hingegen kleinere Imbisse wie sowie schnelles Geschäft bei Volksfesten oder Stände auf Festivals betrifft, „da ist es immer wieder unklar“. Damit die Ehrlichen nicht die Dummen seien, sei es generell gut, dass der Staat Kontrollen durchführe.

Die finden auch in Sachsen statt – bei „Steuerpflichtigen im Bereich der Unternehmenssteuern durch die Landesfinanzverwaltung mittels verschiedenster Prüfungsdienste“, so das Sächsische Staatsministerium der Finanzen (SMF). Dazu gehören neben der Steuerfahndung noch Betriebs- und Umsatzsteuer-Sonderprüfungen. Zur Steuerhinterziehung in der Gastronomie-Branche gibt es allerdings keine gesonderten statistischen Aufzeichnungen.

255 Gastro-Betriebe kontrolliert

Für die sächsische Betriebsprüfung liegen zum Bereich Gastronomie statistische Daten vor. Im vergangenen Jahr wurden demnach 255 Betriebe kontrolliert, 50 mehr als 2022. Angesichts von 10 000 gastgewerblichen Betrieben in Sachsen – laut Dehoga – sind das 2,55 Prozent. Die Prüfungen 2023 ergaben einen Mehrwertsteuer-Fehlbetrag von 6,3 Millionen Euro. Aus den Zahlen lassen sich aber laut Ministerium „keine Rückschlüsse auf begangene Steuerstraftaten oder Ordnungswidrigkeiten ableiten“.

Neben diesen Kontrollen sind seit 2018 außerdem unangekündigte Kassen-Nachschauen möglich, bei denen der ordnungsgemäße Einsatz des Manipulationsschutzes und die Einhaltung der Belegausgabepflicht im Fokus stehen. Statistische Aufzeichnungen dazu liegen jedoch nicht vor. Laut SMF wurde „die Anzahl der Kassen-Nachschauen in der Vergangenheit erheblich erhöht und soll weiter gesteigert werden“.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Zahl der behördlichen Kontrollen – auch mangels Personal – angesichts der kriminellen Energie viel zu niedrig ist. Thomas Eigenthaler, Vorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft, schätzt den Verlust pro Jahr in Deutschland auf etwa 50 Milliarden Euro, „Tendenz steigend“. In Sachsen haben Fahnder 2022 einen Steuerschaden in Höhe von 112 Millionen Euro aufgedeckt – hier ebenfalls nur die Spitze des Eisbergs.

Auch besagter Leipziger Wirt kennt die Versuchung der Hinterziehung. „Aber ich mache so etwas nicht. Zum einen aus Verantwortung gegenüber meinem Personal, das ich ebenso betrügen würde, zum anderen aus Angst vor den Folgen. Man sollte das Glück nicht herausfordern.“


André Böhmer 28.09.2023

Kein Lohn-Plus wegen Gewerkschaftsarbeit? Leipziger IT-Entwickler verklagt Spreadshirt

Der Vorwurf wiegt schwer: Ein Software-Entwickler der Leipziger Spread Group (ehemals Spreadshirt) klagt gegen seinen Arbeitgeber wegen einer ausbleibenden Lohnerhöhung. Es geht um angebliche Benachteiligung wegen gewerkschaftlichen Engagements.

Die vorerst letzte Hoffnung für Tobias Graber* (Name geändert, der Redaktion bekannt) stirbt beim Gütetermin mit seinem Arbeitgeber am Leipziger Arbeitsgericht. Der Software-Entwickler kämpft als Mitarbeiter der mittlerweile weltweit operierenden Leipziger Modefirma Spread Group (2002 als Spreadshirt gegründet) seit einem knappen Jahr um eine Lohnerhöhung. Das ihm zustehende Gehaltsplus, so sein Vorwurf und der Grund der arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung, werde ihm verwehrt, weil er sich gewerkschaftlich in seiner Firma engagiert habe.

Doch der Versuch einer einvernehmlichen Lösung zwischen dem IT-Fachmann und der Spread Group scheitert Anfang der Woche – obwohl der anwesende Richter als Schlichtung eine Einmalzahlung oder eine angepasste Gehaltserhöhung als Ansatzpunkte für eine Verhandlung vorschlägt. Die Spread Group, die sich in dem arbeitsrechtlichen Streit von der international renommierten Anwaltskanzlei CMS (70 Standorte in 40 Ländern) vertreten lässt, bleibt bei ihrem Kurs und geht nicht auf das Angebot ein.

Spreadshirt in Leipzig: Gewerkschaft kündigt weiteren Widerstand an
Die Enttäuschung des Klägers, der seit Juni in Elternzeit ist und sich vor Gericht selbst vertreten hatte, ist groß. „Ich hatte mir schon Chancen ausgerechnet“, sagte er der LVZ.

Auch die Gewerkschaft FAU (Freie Arbeiter*innen Union), die sich als kämpferische Basisgewerkschaft für alle versteht und für deren Ziele sich der Software-Entwickler einsetzt, reagierte zerknirscht. „Leider konnte der Arbeitgeber nicht zum Einlenken gebracht werden. Wir bleiben auf jeden Fall standhaft und begleiten unser Mitglied im kommenden Gerichtsprozess“, kündigte die Leipziger FAU-Sprecherin Jessica Hermanns an. Die Spread Group äußerte sich trotz mehrmaliger LVZ-Anfragen nicht zu den öffentlichen Vorwürfen.

Begehrter Job mitten im angesagten Plagwitz

Dabei hatte alles harmonisch angefangen. Tobias Graber bekam 2020 als Werkstudent ein Angebot als Software-Entwickler im Spreadshirt-Headquarter in Leipzig. Cooles Start-up-Ambiente, junge dynamische Kollegen und Kolleginnen – ein begehrter Job mitten im schwer angesagten Plagwitz (Gießerstraße).

Im November 2022 habe er dann um eine Lohnerhöhung gebeten, so der IT-Fachmann gegenüber der LVZ. Auch weil er von anderen Werkstudenten die Rückkopplung erhalten habe, dass da in puncto Vertragsanpassung und Gehaltsplus etwas gehe. So habe ein Kollege ab März 2023 beides wunschgemäß von der Personalabteilung bekommen.

Nur noch wenig Spielraum nach Gütetermin

Bei Graber lief das anders. Im April habe es ein Gespräch gegeben, so seine Version, bei dem ihm die Gehaltssteigerung kategorisch verweigert wurde. Und seitdem lastet der Vorwurf der Benachteiligung wegen gewerkschaftlicher Arbeit („Union Busting“) auf der Plagwitzer Spread-Group-Zentrale. „Es ging nicht darum, dass ich mich in einer Gewerkschaft engagiere, sondern darum, wie ich mich engagiere“, sagte er der LVZ. Ja, er habe eine FAU-Betriebsgruppe aufbauen wollen. „Das kann aber nicht im Geheimen gemacht werden.“

Für die Gewerkschaft FAU jedenfalls gibt es nach dem geplatzten Güte-Termin nur noch wenig Spielraum. „Sollte in der Zwischenzeit kein einvernehmliches Ergebnis erzielt werden, kommt es im April 2024 zu einem Kammertermin“, sagte Sprecherin Hermanns. Der Kläger selbst hofft noch auf eine außergerichtliche Lösung mit seiner Firma. „Wir wollen schriftlich in Kontakt bleiben, ich bin für alles offen.“ Im Juni 2024 will Graber wieder bei der Spread Group einsteigen.